Lösungsorientierte Grundhaltung im Waffenplatz45
Fallbeispiel Stefan W. (Name geändert)
Stefan W., 29-jähriger Bewohner am Waffenplatz45 mit Bewährung nach einer 21 monatigen Haftstrafe, aus der er nach zwei Drittel der Laufzeit bedingt entlassen wurde. Dies jedoch nur in geregelten Wohnverhältnissen sowie mit Weisungen des Bewährungs- und Vollzugdienstes. Stefan wurde wegen grober Verletzung des Strassenverkehrsgesetzes in Zusammenhang mit Konsum von illegalen Substanzen, vor allem Metamphetaminen (Crystal Meth), verurteilt. Er konsumiert zudem regelmässig Alkohol und Cannabis. Er äusserte den Wunsch, wieder ins Berufsleben einzusteigen. Er möchte sein Konsumverhalten von Metamphetaminen und Alkohol ändern. Zudem möchte er wieder Kontakt aufnehmen mit seinem alten Freundeskreis, neue Freundschaften erschliessen und eine Freundin finden. Stefan will auch wieder regelmässig Eishockey spielen. Er würde alles dafür tun, damit er wieder ein motorisiertes Fahrzeug lenken darf. Er hat zudem eine enge Beziehung zu seiner Mutter, die er regelmässig sehen will. Stefan trat im Waffenplatz45 ein mit der Weisung einer Beschäftigung nachzugehen, wöchentlich Urinproben abzugeben sowie wöchentlich an Gesprächen mit der Bewährungshilfe teilzunehmen.
Stefan erschien pünktlich zu den ersten Gesprächen und es gelang ihm, sämtliche Weisungen des Bewährungs- und Vollzugdienstes einzuhalten. Als Erstes wollte er seine Ziele in Bezug auf Arbeit in Angriff nehmen und gleichzeitig seine Hobbies wieder aufnehmen, insbesondere das Eishockeyspielen. Die anfänglich definierten Grobziele wurden zu einzelnen Feinzielen heruntergebrochen. So entstand beispielsweise das Ziel, seinen Lebenslauf zu aktualisieren, respektive einen Neuen zu erstellen. Es gelang ihm die nötigen Schritte zu beschreiben, um dieses Ziel zu erreichen und es entstanden kleine, erreichbare Teilziele, wie „Zusammenstellen der bestehenden Unterlagen“ oder „Anrufen bei ehemaligem Arbeitgeber, um ein Arbeitszeugnis zu verlangen“ etc. Sämtliche Schritte wurden von Stefan selbst formuliert. Er beschrieb die Teilziele als motivierend gross und sagte, er verfüge über die nötigen Mittel (Telefonnummer, Email-Adresse, Internetzugang), die Teilziele selbstständig zu erreichen.
Ca. fünf Wochen später zeigten sich erste Anzeichen von Antriebslosigkeit bei Stefan. Er konsumierte zunehmend Alkohol, blieb vermehrt unentschuldigt dem Beschäftigungsprogramm fern und nahm den Kontakt zu alten Bekannten wieder auf, mit welchen er früher regelmässig Metamphetamine konsumiert hatte. Er berichtete von Episoden, an welchen er wieder Metamphetamine konsumierte und im Anschluss etwa drei Nächte lang nicht mehr schlafen konnte. Stefan war oft in seinem Zimmer, suchte selten Kontakt zum sozialpädagogischen Team, klagte über Schlaflosigkeit und Antriebslosigkeit. Die von ihm formulierten Ziele konnte er zu diesem Zeitpunkt noch nicht erreichen. Es folgten Verwarnungen vom Bewährungs- und Vollzugdienst und gar Drohungen, dass er in den Strafvollzug zurückversetzt würde.
In den Folgegesprächen mit dem Team vom Waffenplatz45 ging es vermehrt wieder darum, auszuarbeiten, was Stefan denn will und was ihm in der Vergangenheit dabei geholfen hat, ähnliche Ziele zu erreichen. Er beschrieb es als hilfreich, mehr Zeit mit seiner Mutter zu verbringen, seine äussere Erscheinung zu pflegen und regelmässig etwas Gutes zu kochen. Dies wiederum sei hilfreich für ihn, den Konsum von Metamphetaminen zu vermeiden und mit dem sozialpädagogischen Team in Kontakt zu bleiben. Er betonte dabei mehrfach, dass er sämtlichen Weisungen und Erwartungen seines Helfernetzes genügen wolle und Allen zeigen möchte, dass er es aus eigenem Antrieb schafft.
Stefan entschied sich dann später für eine Entzugstherapie im stationären Rahmen. Er war für ca. vier Wochen in stationärer Behandlung und machte sich im Anschluss erneut auf, seine Ziele im Alltag mit ambulanter Unterstützung zu verfolgen. Es gelang ihm dabei nicht, auf den Konsum von Metamphetaminen zu verzichten und er beschloss in der Folge, einen längeren stationären Aufenthalt im Rahmen einer Suchttherapie anzutreten.
Aus diesem Fallbeispiel wird ersichtlich, dass durch die lösungsorientierte Haltung eine Wahlfreiheit entstand, die es Stefan W. ermöglichte, aus eigner Initiative den Schritt in eine Langzeittherapie zu machen. Der nichtabstinenzorientierte Rahmen ermöglichte es ihm zudem unterschiedliche Lösungswege zu erproben um letztendlich die für ihn stimmige Lösung zu finden.